Dienstag, 6. September 2016

Europäisch Kurzhaar - eine Rasse?



Eife's Aniki Forfrysning, Europäer in black silver tabby spotted


Immer wieder werde ich verwundert gefragt, warum ich bis nach Dänemark gefahren bin, um ein Europäisch Kurzhaarkätzchen zu kaufen. Schließlich kann man Kurzhaarkätzchen teilweise sogar geschenkt bekommen und in Tierheimen warten ständig Katzen auf ein schönes Zuhause. Dabei ist den wenigsten klar, dass die Rasse "Europäer" eine der seltensten Katzenrassen überhaupt ist und in Deutschland nicht gezüchtet wird. Vielleicht hilft dieser Beitrag etwas über diese wirklich sehr schönen Katzen aufzuklären.


Europäisch Kurzhaar (1942)


Die Europäisch Kurzhaar, bei der Fife als Europäer und in der WCF als Keltisch Kurzhaar bezeichnet, ist eine Rasse, die aus der gezielten Zucht der in Europa ursprünglich vorkommenden Hauskatzen entstanden ist. Anders als die heutigen Hauskatzen, bei denen es nicht selten ist, dass sie Katzen unterschiedlichster Rassen unter ihren Vorfahren haben, wurden die Europäer gezielt freigehalten von Einkreuzungen von Fremdrassen. Bereits vor ihrer Anerkennung 1949 bei der Fife wurde sie in mehreren Ländern rein gezüchtet - in Finnland bereits am Ende des 19.Jahrhundert und in Deutschland seit Gründung der ersten Katzenzuchtvereine.


Europäisch Kurzhaar (1942)


1949 wurden sie zusammen mit der Britischen und der Amerikanischen Kurzhaarkatze als eine gemeinsame Rasse bei der Fife anerkannt. Da sich die Katzen in Großbritannien und den USA durch Einkreuzung von anderen Rassen, vor allem von Persern, immer deutlicher von den ursprünglichen europäischen Kurzhaarkatzen unterschied, erhielt die Europäisch Kurzhaar auf Anregung von französischen Züchtern 1982 einen eigenen Standard und wird seitdem völlig unabhängig von der Britisch Kurzhaar und der Amerikanischen Kurzhaar gezüchtet.


Eife's Go for Gin, Europäer in black tabby spotted

Da den Züchtern die Reinheit der Europäisch Kurzhaar wichtig war und ist, und die Rasse auch so erhalten werden soll, ist dies sogar ausdrücklich im Standard erwähnt:
Es wird vorausgesetzt, dass die „ideale“ Europäer Katze vollstandig frei von Einkreuzungen anderer Rassen ist. Die Zucht soll daruaf basieren, einen Körpertyp zu festigen, der robust und geschmeidig ist und sich, vom Standpunkt der Anatomie betrachtet, nicht von der europäischen Hauskatze unterscheidet.“

Saurtos Athea, Europäer in black silver tabby blotched

Weil in Mitteleuropa die Vemischung der Hauskatzen mit anderen Rassen eher die Regel als die Ausnahme ist, zählt die Europäisch Kurzhaar in Schweden seit 2007 sogar zu den bedrohten Haustierrassen – nicht weil es in Schweden so wenig Katzen gibt, sondern weil durch die Vermischung mit anderen Rassen die Einzigartigkeit der Europäisch Kurzhaar droht verloren zu gehen.

Folgerichtig sind bei den Europäer Katzen auch nur Fellfarben und Muster erlaubt, die keine Folge von Einkreuzungen von Fremdrassen wie Orientalen oder Abessiniern sind. Trotzdem zeigt die Rasse ein weites Farb- und Musterspektrum. Es werden alle traditionellen Farben (Schwarz, Schildpatt, Rot und Weiß), ungemustert oder gemustert, in Vollfarbe und Verdünnung, mit oder ohne Weißscheckung und auch mit Silber gezüchtet.


Europäer-Kätzchen aus der Zucht Eife's (2016)

Das Wesen einer Europäer Katze kann als intelligent, neugierig und menschenfreundlich beschrieben werden. Sie sind agile Katzen mit viel Bewegungsfreude, die trotz ihres kräftigen Körperbaus schnell und wendig sind. Trotzdem ist es kein Problem, auch Europäer in der Wohung zu halten, wenn diese katzengerecht eingerichtet und nicht zu klein ist.
Gezielt gezüchtet werden diese schönen Katzen vor allem in Skandinavien, aber es gibt auch Zuchten in Russland, Tschechien und der Schweiz. Rassespezifische Krankheiten sind nicht bekannt.

Topf und Deckel

Vor ziemlich genau 6 Jahren ist unser erster Wurf zur Welt gekommen und mehr als 20 Würfe später ist doch schon einiges an Erfahrung zusammengekommen. Ich bin sehr dankbar, dass sich bei uns, außer bei unserem B-Wurf, die traurigen Erlebnisse mit den Katzen und Kätzchen in Grenzen gehalten haben. Gerade in der Zucht kann das Schicksal einen Züchter trotz aller Sorgfalt manchmal sehr heftig treffen. Einzelne tragische Vorkommnisse lassen sich wohl nie vermeiden und damit muss man auch lernen umzugehen.

Im Bereich des Zwischenmenschlichen wird man jedoch reichlich mit Unerwartetem beschenkt. Sei es, dass man sich einer Bösartigkeit von Zeitgenossen - meist anderen Züchtern - ausgesetzt sieht, der man sonst im Leben eigentlich selten begegnet, oder dass man zu schnell jemandem ein Kätzchen anvertraut hat, dem man besser keines gegeben hätte. Aber auch daraus lernt man als Züchter oder wirft relativ schnell frustriert das Handtuch.


Immer wieder sorgen jedoch vor allem Menschen für unerwartete Begegnungen, die gerne ein oder zwei Kätzchen von uns zum Liebhaben haben möchten. Für manche scheint es z.B. nicht verständlich zu sein, dass es dabei nicht wie auf dem Basar zugeht. Als Züchter wählen wir sorgfältig aus, welche Katzen wir miteinander verpaaren, weil nicht jede Katze zu jedem Kater passt. Da geht es nicht in erster Linie um die Fellfarbe oder das Muster, sondern man versucht mit jedem Wurf, dass Einzelheiten des Körperbaus, wie der Sitz und die Stellung der Ohren und der Augen, die Form des Profiles oder des Schnäuzchen noch besser dem entsprechen, wie eine typische DLH aussehen sollte. Auch das Wesen der Kätzchen spielt eine große Rolle. Eine gute Gesundheit der Zuchttiere sollte dabei selbstverständlich sein.


Sind dann die Kätzchen auf der Welt, werden sie in den nächsten Wochen sorgfältig beobachtet und ihre Entwicklung genau dokumentiert. Dabei zeigt sich schon viel von den grundsätzlichen Anlagen sowohl in Bezug auf die Vitalität und das Wesen, als auch auf das Äußere. Allerdings dauert es ein paar Wochen, bis manches deutlich wird.



Aus all dem ergibt sich für uns ein recht gutes Bild darüber, ob das Kätzchen später einmal als Zuchtkatze in Frage kommt oder bei welchen Liebhabern die Kätzchen ein passendes Zuhause finden können. Auch die Frage, mit welchem Geschwisterchen oder mit welcher Zweitkatze ein Kitten harmonieren kann, ist für uns eine wichtige Frage, weil weder Mensch noch Tier glücklich wird, wenn da etwas grundsätzlich nicht passt. Wie bei uns Menschen gibt es Katzen, die aufgrund des Charakters oder des Temperament auf Dauer miteinander unglücklich sein würden. Hier steht für uns das Wohl der Katze an erster Stelle.


Da wir selten Verpaarungen wiederholen, sind hin und wieder typvolle Kätzchen aus bestimmten Würfen so wichtig für die Zucht, dass Züchter gegenüber Liebhabern bevorzugt werden. Natürlich versuchen wir, so weit es geht, die Wünsche der Kitteninteressenten zu berücksichten, aber aus dem oben Geschriebenen dürfte hoffentlich klar geworden sein, dass wir Kätzchen meistens nicht vor 6 Wochen fest reservieren und dass letztendlich wir die Auswahl treffen, welches Kätzchen zu wem gehen kann.

Das letzte "Wort" haben aber die Kätzchen selbst. Zeigt sich bei einem Besuch, dass Kätzchen und Kitteninteressenten nicht zueinander passen, dann warten wir solange mit der Abgabe, bis wir sicher sind, dass unser Kätzchen ins richtige Zuhause kommt.